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Ortschaftsarchiv Jungingen

Die älteste Archivalie des Junginger Archivs ist ein Heft mit Jahresrechnungen der Gemeinde Jungingen aus den Jahren 1699 bis 1702. Das Rechnungsjahr orientierte sich damals nicht am Kalenderjahr, sondern ging von Georgii bis Georgii (der Namenstag des Heiligen Georg, der 23. April). Verglichen mit heutigen kommunalen Jahresrechnungen waren die frühen Junginger Gemeinderechnungen sehr dünn. Gerade 12 Seiten umfasst die Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben im Rechnungsjahr 1699 /1700. Rechnungsbeilagen wie Belege und Quittungen sind nicht mit enthalten. Die Ausgabenseite der Jahresrechnungen beinhaltet vorwiegend Ausgaben für Personal und den Unterhalt städtischen Eigentums, z. B.:

– „Dem Mesner an seinem Jahreslohn p[ro] [16]99 bezalt: 23 Gulden“
– „Der Hebammen Ihren Jahreslohn: 2 Gulden“
– „Denen 4 Gemeindspflegern Ihren Jahreslohn iedem 2 Gulden: 8 Gulden“
– „Vor [für] die Camin [Kamin] im Kirchhäuslen zu säubern: 10 Kreuzer“
– „Vor [für] ein Buch Papier bezalt: 8 Kreuzer“
– „Dem Kueffer [Küfer] vor [für] ein newen [neuen] Eymer [Eimer] am Gemeind Bronnen: 24 Kreuzer“

Ein Gulden hatte damals 60 Kreuzer, der wiederum in acht Heller unterteilt war. Die Einnahmen setzten sich hauptsächlich aus den Erträgen der Gemeindewaldungen und Gemeindeäcker sowie aus den sogenannten „Beisitzgeldern“ zusammen. Beisitzer waren Gemeindebewohner mit eingeschränkten Bürgerrechten, die für die Erlaubnis, im Ort wohnen zu dürfen, das Beisitzgeld entrichten mussten.

Solche Jahresrechnungen von Jungingen werden auch im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart im Bestand Pfarrarchiv Jungingen verwahrt, da sie mit den sogenannten Heiligenpflegrechnungen, den Rechnungen der Kirchenstiftungspflege, zusammengebunden waren, die zuvor in der Pfarrei verwahrt wurden. Für die Geschichte Jungingens sind die Rechnungsbände sehr aufschlussreich, da sie einen Einblick in die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Ortes, in Preise von Dienstleistungen und Waren und in die Sozialstruktur Jungingens ermöglichen.
Der Rechnungsband wurde 1985 zusammen mit dem Junginger Archiv aus der Ortsverwaltung vom Stadtarchiv übernommen und in der Außenstelle Pionierkaserne (Basteistr. 46) in einem eigens für die Ulmer Ortschaften eingerichteten Archivraum untergebracht. Das gesamte Archiv hat einen Umfang von 42 Regalmetern und ist inzwischen nach archivfachlichen Gesichtspunkten unter Zuhilfenahme einer Datenbank inventarisiert. Aufgrund langjähriger, oft problematischer Lagerung unter schlechten Bedingungen wiesen viele Archivalien Schäden auf. Auch das älteste Junginger Amtsbuch machte bedauerlicherweise keine Ausnahme: Es war stark verschmutzt und enthielt zahlreiche Fehlstellen durch Tierfraß und Risse.
Die großzügige Spende eines Junginger Bürgers, der anonym bleiben möchte, ermöglichte nun die Restaurierung. Eine auf Papierrestaurierung spezialisierte Firma führte eine Trockenreinigung durch und schloss die Fehlstellen und Risse durch Anfasern und Unterlegen mit Japanpapier.

Jahresrechnungen der Gemeinde Jungingen aus den Jahren 1699 bis 1702
Ausschnitt aus Jahresrechnung von Jungingen:
– „Der Hebammen Ihren Jahreslohn: 2 Gulden“
– „Denen 4 Gemeindspflegern Ihren Jahreslohn iedem 2 Gulden: 8 Gulden“

OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Matthias Grotz (26. September 2025). Ortschaftsarchiv Jungingen. ULMA. Abgerufen am 14. November 2025 von https://ulmarchiv.hypotheses.org/2882


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